Jugendstrafrecht

Eine ganz besonders bedrückende Erfahrung für alle Eltern ist es, wenn das eigene Kind beschuldigt wird, eine Straftat begangen zu haben. Sofern das Kind noch minderjährig ist, mischen sich eigene Versagensängste mit bohrender Sorge um die Zukunft.

Wenn Kinder flügge werden, sorgen sich Eltern sowieso. Anlässe mag es genug geben. Geht es dann aber nicht nur z.B. um schlechte Noten in der Schule, sondern um Straftaten, wird Hilflosigkeit oft zur Panik.

Wichtige Informationen zum Jugendstrafrecht

Im allgemeinen Strafrecht stehen mehrere Aspekte für die Strafentscheidung im Vordergrund: Sühne für angerichtetes Unrecht, Abschreckung durch Strafe, Resozialisierung, aber auch Sicherheit vor gefährlichen Straftätern.

Im Jugendstrafrecht dagegen ist der oberste Grundsatz: Erziehung. Dabei spielt bei gravierenden Straftaten auch der Sühnegedanke eine Rolle, aber in erster Linie ist die gesetzgeberische Zielsetzung, jedem, der als Jugendlicher auf die schiefe Bahn geraten ist, die Chance, auf einen Neustart zu geben.

Jugendstrafrecht
Grafitti

Strafmündigkeit 

Bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres kann in Deutschland ein junger Mensch anstellen, was er will, ohne sich strafbar zu machen! Nach den Regeln des deutschen Strafrechts passiert selbst bei krassesten Verstößen nichts. Ordnungs- und Verwaltungsbehörden können selbstverständlich eingreifen, wenn ein strafunmündiges Kind völlig außer Kontrolle gerät, aber Strafe gibt es erst ab dem 14. Lebensjahr!

Erwachsensein üben

Ab 14 darf man schon Einiges. Und man ist auch schon ein bisschen selbst verantwortlich. Grundsätzlich gelten alle strafrechtlichen Regeln für junge Menschen ab 14 wie für Erwachsene, aber wenn es mal schief gelaufen ist, gelten die Regeln des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) für alle jungen Leute, die 14 bis 17 sind, und ab der Vollendung des 18. bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs (dann nennt das Gesetz den jungen Menschen „Heranwachsender“) kann das JGG angewandt werden.

Eltern suchen einen Anwalt

Bereits bei der Anwaltssuche gibt es einen Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht. Zuständige Staatsanwaltschaft und Gerichte sind die am Wohnort des Jugendlichen Zuständigen. Nicht der Tatort zählt, sondern der Wohnort des mutmaßlichen – jugendlichen – Täters.

Ein Verteidiger in Jugendstrafsachen sollte mit den Gepflogenheiten der zuständigen Staatsanwaltschaft vertraut sein, die Strukturen der Jugendämter und Jugendgerichtshilfe kennen und in der Lage sein über „kurze Dienstwege“ Ansprechpartner zu finden. Der Anwalt sollte aus der Region stammen. Eine Bayerische Prominenz als Verteidiger im Ruhrgebiet macht sich ebenso schlecht wie eine Koryphäe aus dem Ruhrpott in Aschaffenburg, die vielleicht nicht einmal weiß, dass es dort sog. „Teen-Courts“ gibt und wie die arbeiten.

Tipps zur Anwaltssuche

Googeln Sie Anwälte aus der Region! Man kann davon ausgehen, dass Verteidiger mit Kanzleien im Ruhrpott die regionalen Kenntnisse haben. Schauen Sie nach, ob sich auf deren Internetauftritt Informatives zum Thema Jugendstrafrecht findet. Bevorzugen Sie Fachanwälte im Strafrecht. Sie sind Experten.

Zahlen Sie keine horrenden Vorschüsse, bevor Sie den Anwalt kennengelernt haben. Sie müssen allerdings akzeptieren, dass bereits die Informationsbeschaffung (Akteneinsicht) Geld kostet. Eine Beratung ohne vorherige Akteneinsicht ist meist nichts wert.

Anwaltliche Verschwiegenheit

Ein Verteidiger kann nur verteidigen, wenn er schweigen kann! Egal, ob ein Jugendlicher oder Erwachsener einen Verteidiger braucht: Der Beschuldigte muss sich auf die absolute Vertraulichkeit verlassen können. Auch gegenüber den eigenen Eltern! Vier-Augen-Gespräche zwischen Verteidiger und jugendlichem Beschuldigten sind unverzichtbar. Machen Sie sich als Eltern darauf gefasst, freundlich aber bestimmt, in´s Wartezimmer verbannt zu werden, wenn´s spannend wird.

Verlassen Sie sich darauf: Ein Verteidiger im Jugendstrafrecht wird Sie als Eltern immer in seine Verteidigungsstrategie miteinbeziehen. Die Verletzung der Vertraulichkeit zwischen Mandant und Verteidiger gehört jedoch nicht dazu!

Jugendstrafrecht
Street-Art

Die wichtigsten Ziele des Jugendstrafrechts sind Erziehung und Hilfe beim Erwachsenwerden!

 

Deshalb ist ein Jugendrichter an den Strafrahmen des Strafgesetzbuchs nicht gebunden. In manchen Fällen wäre ein Erwachsener Straftäter für Jahre hinter Gittern verschwunden und ein Jugendlicher kam ohne einen Tag Gefängnis davon. Eine große Verantwortung für Richterinnen und Richter, aber auch eine große Aufgabe, die auch von Verteidigern mit Respekt angesehen wird! Verteidiger helfen bei der Entscheidungsfindung mit Sachverstand und vor allem auf Augenhöhe mit Richtern und Staatsanwälten.

Auch im Jugendstrafrecht gilt: Nur Täter dürfen verurteilt werden!

Unreife, erzieherische Defizite, jugendliches Aufbegehren sind kein Anlass, die Strafjustiz zu bemühen. Die Strafjustiz hat gegenüber Jugendlichen nur dann eine Aufgabe, wenn tatsächlich nachgewiesen ist, dass dem Beschuldigten eine Straftat im Sinne des Strafgesetzbuchs nachzuweisen ist.

Der Nachweis der Tat hat genauso zu erfolgen wie gegenüber einem Erwachsenen.

Nicht erlaubt ist z.B. der Gedanke, einem so vorlauten ungezogenen Bengel werde schon ein Wochenendarrest nicht schaden, obwohl er sich nur ungeschickt und vielleicht in der Form unangemessen gegen die für ihn unberechtigten Vorwürfe zur Wehr setzt.

Ungerechtigkeit, das Gefühl von Hilflosigkeit, Ohnmacht und nicht verstanden zu werden, prägt Jugendliche für ihr Leben. Verteidiger, Richter und Staatsanwälte, Eltern und Jugendgerichtshilfe sollten es sich zur Aufgabe zu machen, die Tat- und Schuldfrage sehr ernst zu nehmen, Straftaten aufzuklären und nicht nach einfachen Lösungen zu schielen.

 

Auch hier gilt: Die Jugend ist die Zukunft – auch für einen funktionierenden Rechtsstaat!

 

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